Kühn, August

Westend-Geschichte

Biographisches aus einem Münchner Arbeiterviertel

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Softcover 142 Seiten 2019 14 x 21 cm 185 g 978-3-942876-04-9

Der Autor, 1936 im Münchner Westend geboren, beschreibt in kurzen Episoden das Leben  zweier Schulkameraden in diesem ehemaligen Arbeiterviertel zwischen zwei Olympiaden. Er erzählt von sich und seinen Freunden, von ihren Träumen und Hoffnungen, als in Deutschland die erste Olympiade stattfand.

Er berichtet, wie der Krieg in die Familien eingriff, vom Wiederaufbau und davon, wie die mächtige Reifenfabrik das Leben im Viertel bestimmte. Von Lehre und Beruf, Liebe und Familie, Aufstieg und Scheitern in der Konsumwelt, von glücklichen und gescheiterten Ehen ist hier die Rede – und aus all dem entsteht das bunte Bild eines Stücks Großstadtheimat, die zur Zeit der Olympiade 1972 von den Bewohnern gegen „Strukturwandel“ und Mietwucher verteidigt wird.

Man könnte meinen, Kühn schreibe in unseren Tagen. Aktueller denn je erscheinen die kleinen Geschichten von den Anstrengungen der Menschen, sich ein besseres Leben zu schaffen. Dadurch lebt ein Stück Geschichte im Westend wieder auf. Herausgegeben durch den August-Kühn-Verein zur Förderung der Münchner Arbeiterkultur und der Stadtteilkultur im Westend e.V. (www.August-Kuehn.de) mit freundlicher Unterstützung des Bezirksausschuss 8 Schwanthalerhöhe der Landeshauptstadt München

Über den Autor: August Kühn, alias Helmut Münch, am 25. September 1936 in München geboren, durchlief zahlreiche gewöhnliche und ungewöhnliche Stationen eines Arbeiterlebens: 1939 Exil in der Schweiz wegen der jüdischen Abstammung seines Vaters, 1945 Rückkehr nach München, Realschulabschluss und Lehre, nach einigen Jahren Berufstätigkeit Wechsel in eine Münchner Boulevardzeitung als Volontär, Auswanderung nach Israel, Rückkehr nach München, Lohnarbeit in einer Speiseeisfirma, Entlassung wegen seines Eintretens für die Betriebsratsgründung, weitere Anstellungen, schließlich Erwerbslosigkeit. Verheiratet und sechs Kinder. Während der Erwerbslosigkeit beginnt er Bücher zu schreiben, nicht wenige über München und seine Geschichte. Er stirbt mit 59 Jahren am 9. Februar 1996 in Hinterwössen.

Vorwort:

Das Buch „Westend-Geschichte“ von August Kühn erschien erstmals 1972. Zu diesem Zeitpunkt beschrieb es die Geschichte von Leuten der Gegenwart, von Personen aus dem Alltag. In einem fiktiven Dialog erzählt Kühn eine Geschichte, deren Situationen man kannte, die für viele nachvollziehbar war, eine Geschichte, die Ereignissen aus der eigenen Familie, dem Freundeskreis oder der Nachbarschaft ähnelte. Heute, bei der Neuauflage 2019, ist das die Geschichte einer fast vergangenen Generation, der ersten Generation, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg aufwuchs. Für Nachgeborene ist es eine Geschichte wie aus einer fernen Zeit. Die Kindheit in der zerbombten Großstadt, der Spielplatz in den Ruinen des Krieges, die Jugend im Spannungsbogen zwischen Anarchie einer sich noch nicht etablierten Gesellschaftsordnung und den gesellschaftlichen Konventionen der Eltern und deren Generation. Die Wünsche und Hoffnungen junger Erwachsener im beginnenden Wirtschaftswunder – ein Wunder, das für die meisten das Wunder anderer blieb und für viele auch Enttäuschungen und Scheitern mit sich brachte, die Risiken eines Luxus- und Statusdenkens der modernen Konsumgesellschaft. Einiges an Hoffnungen und Wünschen ist aber auch der heutigen Generation noch genauso gegenwärtig: Der Wunsch nach gesicherten und sozialen Arbeitsverhältnissen; nach einer gesicherten Zukunft; nach Wohnraum, der familiären Verhältnissen Rechnung trägt und dabei bezahlbar ist. Immer mehr junge Menschen arbeiten nach der Ausbildung oder dem Studium in nicht dauerhaft gesicherten Arbeitsverhältnissen – in zeitlich befristeten Anstellungen, in Praktika oder schwieriger Selbstständigkeit –, die die Planung des weiteren Lebenswegs fast unmöglich machen. Phasen von geringfügiger Beschäftigung oder Zeit- und Leiharbeit zeichnen in der heutigen Generation nicht nur die Biographie wenig Ausgebildeter, sondern treffen genauso Facharbeiter wie Menschen mit akademischer Berufsausbildung. Trotz der ständigen Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften ist die tariflich gesicherte Festanstellung heute fast ein Lotteriegewinn. In der Zeit, die Kühn hier beschreibt, war der Wohnungsmangel noch Auswirkung des Krieges. Zerbombte Häuser, unbewohnbare Wohnungen, der Verlust dieser Wohnungssubstanz und der Zuzug von Menschen aus den ehemaligen Gebieten mit deutschsprachiger Bevölkerung in anderen Ländern verursachte allein im Gebiet der drei Westalliierten einen Bedarf von 5,5 Millionen zusätzlichen Wohnungen. Mit der Bewirtschaftung des Wohnungsmarkts versuchten die Kommunen, den Bedarf an Wohnraum zu regulieren. Allerdings mit nur geringem Erfolg. Nicht einmal der massive Wohnungsbau der beginnenden 60er Jahre schaffte eine grundlegende Normalisierung. Auch nicht in München. Denn bereits zu dieser Zeit begannen die Anwerbeabkommen von Arbeiterinnen und Arbeitern aus Griechenland, Italien, dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei auch in München zu greifen. Für sie blieben nur noch Baracken und Wohnheime übrig, obwohl ohne die sogenannten „Gastarbeiter“ kein Olympiagelände hätte gebaut werden können und die Automobilproduktion „ohne die Ausländer bei BMW lahmgelegt“ worden wäre. Heute ist es vor allem die wirtschaftliche Umstrukturierung, die München einen Zuzug von jährlich ca. 30.000 Neubürgern beschert. Dieser wirtschaftliche Erfolg und damit die relative Beruhigung auf dem Arbeitsmarkt ist andererseits der Fluch auf dem Wohnungsmarkt. Auch in den altstrukturierten Stadtteilen wie der Schwanthalerhöh‘ hat dieser Bevölkerungsdruck seine Auswirkungen. Seit in den 80er Jahren große Anstrengungen seitens des Bezirksausschusses und der Stadt München unternommen wurden, den Stadtteil zu sanieren und zu verkehrsberuhigen, ist die Schwanthalerhöh‘ eine attraktive Wohnlage geworden. Es ist nichts mehr geblieben von den tristen Arbeiterquartieren, die noch bis in die 70er Jahre hinein das Bild des Stadtteils prägten. Die Schwanthalerhöh‘ mit den im Laufe der Zeit renovierten Gründerzeitfassaden hat eine hohe Anziehungskraft auf dem Wohnungsmarkt. Diese Attraktivität lässt die Mietpreise trotz aller Anstrengungen, dem entgegenzuwirken, massiv in die Höhe schnellen. Einzig die Genossenschaften und der soziale Wohnungsbau durch die kirchlichen und städtischen Gesellschaften bieten ein Regulativ zum aggressiven freien Wohnungsmarkt. Gerade in den Anfangsjahren der Bundesrepublik hätte die Möglichkeit bestanden, den Bodenmarkt zu regulieren und damit für heutige Zeiten die Weichen zu stellen. Der Jesuit und katholische Sozialtheologe Oswald von Nell Breuning sagte damals bereits, dass Grund und Boden nicht vermehrbar sind und deshalb den Kräften des Marktes nicht untergeordnet werden können. Konservative Kräfte setzten jedoch auf die Selbstregulierung der Märkte. Auch wenn August Kühn‘s Geschichte in einer vergangenen Zeit spielt, hat sie auch heute noch jene Aktualität, die sie damals hatte. Sowohl auf dem Arbeits- als auch auf dem Wohnungsmarkt stehen sich Kapital und Arbeit nach wie vor als unversöhnliche Gegner gegenüber. Willy Mundigl (Mitglied des Bezirksausschuss 8, Schwanthalerhöh‘)

 

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Vorwort

Artikelnummer: L978106

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